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Offener Brief des BDA Saar zum Pingusson-Gebäude

13. Februar 2020

Der BDA Bundesvorstand beim Besuch des leerstehenden Pingusson-Gebäudes 2015

OFFENER BRIEF an die Saarbrücker Zeitung zum Artikel vom 08.02.2020 mit dem Titel „Bouillon zeigt Pingusson-Bau die kalte Schulter“

Sehr geehrter Herr Klostermann,

der Bund Deutscher Architekten, kurz BDA Landesverband Saarland verfolgt seit Jahren mit großer Besorgnis die Diskussionen um die ehemalige französische Botschaft, den sogenannten Pingusson-Bau, der viele Jahre lang das saarländische Ministerium für Bildung und Kultur beherbergte.

Der BDA spricht sich seit Langem unmissverständlich für dessen Erhalt und seine adäquate Nutzung aus und sieht sich hierbei im Verbund mit nahezu allen Kulturträgern im Land. Die neuerlich und wiederholt durch den zuständigen Minister offen zur Schau gestellte Verunglimpfung dieses erstrangigen Baukulturgutes zum „Pinguin“, allem Anschein nach mit dem Ziel der Verhinderung von Haushaltsmitteln zur notwendigen Sanierung, ist in dieser Form für den BDA nicht hinnehmbar.

Erst recht nicht unter Berücksichtigung der bereits abgeschlossenen Planungen mit gesicherten Baukostenberechnungen. Die Titulierung des Pingusson- Baues als „Pinguin“ mag einer naiven Sprachspielerei geschuldet sein, kommt aber in ihrer diffamierenden Absicht einer Beleidigung aller Personen und Personengruppen gleich, die sich seit Jahren für dieses gemeinsame Kulturgut einsetzen; „aequo animo audienda sunt imperitorum convicia“ könnte das Haus selbst entgegenhalten, wenn es könnte: „gleichmütig muss man die Schmähreden Unkundiger hören“, würde es sich um Unkundige handeln.

Tatsächlich handelt es sich aber bei der angedrohten Verweigerung hoheitlicher Akzeptanz und Würdigung um Mitglieder einer Landesregierung, in der die weit über das Saarland hinausstrahlende Bedeutung des französischen Botschaftsgebäudes weder erkannt noch anerkannt zu sein scheint.

Demgegenüber hat der BDA Deutschland in seiner Bundesvorstandssitzung am 6. Dezember letzten Jahres unter Beteiligung aller Landesverbände der Bundesrepublik einstimmig und eindeutig die Bedeutung des Pingusson- Baus als nationales und übernationales Kulturgut herausgestellt und gewürdigt:

Im Verbund mit allen bundesdeutschen Landesverbänden sieht der BDA in dem Pingusson-Bau ein erstrangiges und einmaliges Bau- und Zeitzeugnis für den Wiederaufbau, ein Zeichen der Versöhnung, ein Angebot zur Wiederherstellung einer existenziellen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Lebensfähigkeit nicht nur des Saarlandes, sondern in der Folge durch die Eingliederung des Saarlandes in die deutsche Bundesrepublik, eines ganzen Landes, das nicht weniger als den „großen Krieg“ mit unsäglichem Leid und Opfern zu verantworten hatte: aus heutiger Sicht ein kaum fassbarer Vorgang der Versöhnung mit dem Ziel eines friedlich vereinten Europas, erst recht zumgegenwärtigen Zeitpunkt. Auch diese Bedeutung im Hinblick auf eine Zukunftsfähigkeit Europas sieht und benennt der BDA ausdrücklich.

Angesichts einer solchen Akzeptanz und eines derart übergeordneten Interesses muss ein Abriss des Pingusson-Baus ausgeschlossen werden. Er käme einer mutwilligen Zerstörung von europäischem Kulturgut gleich, wie es nicht einmal in kriegerischen Auseinandersetzungen vorkommen darf. Auch im Hinblick auf den vollständigen Erhaltungzustand einzigartiger, voll nutzbarer repräsentativer Innenräume kann in diesem Sinne nur eine denkmalgerechte Sanierung wie bisher angestrebt in Betracht gezogen werden.

Dem BDA stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob in Würdigung einer derart großen, weit über die Landesgrenzen hinausgehenden Bedeutung der ehemaligen französischen Botschaft alle Mittel und Wege zur Finanzierung einer Sanierung und Nutzung vollständig ausgeschöpft wurden und ob das Saarland als Bundesland diese, für das Land in der Tat sehr große wirtschaftliche Herausforderung alleine bewältigen muss.

Der saarländische Landesverband des BDA macht eine Verpflichtung aller politischen und gesellschaftlichen Kräfte zum Erhalt des Pingusson-Baus unter Zuhilfenahme bundesdeutscher und europäischer Finanzmittel geltend. Dies kann nach Einschätzung des BDA aber nur gelingen, wenn alle politischen Kräfte in Würdigung und Akzeptanz ihrer kulturellen Verpflichtung gegenüber dem In- und Ausland sowie der europäischen Gesellschaft an sich in einheitlicher Überzeugung zusammen wirken.

Dass im günstigsten Fall nach einer denkmalgerechten Sanierung des Baukulturgutes Pingusson-Bau dieser dann im Andenken an den hierfür u.U. verantwortlichen Minister scherzhaft „Pinguin“ genannt werden könnte, wäre für den BDA sicherlich verschmerzbar.

Peter Alt

Dipl.-Ing. Architekt und Stadtplaner
Mitglied der AKS, des dwb und derzeitiger
Vorsitzender des BDA Landesverband Saarland

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