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Ein Nachruf auf Klaus Krüger (1930-2021)

15. März 2022

„Schließlich arbeiten Architekten mit fremden Geld“ – ein Nachruf auf Klaus Krüger

Privat
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Klaus Krüger 1930 – 2021

Am 2. Juni jährt sich der Todestag von Klaus Krüger, der im Alter von neunzig Jahren 2021 verstarb. Seine Bauten prägen die Stadt, mit seinem Wirken als Präsident der Architektenkammer setzte er wichtige Anliegen der Kollegen durch.
Krüger gehörte zur jungen Architektengarde im Saarland, die ihre Ausbildung nach dem Krieg an den Technischen Hochschulen begann, um dann seit den späten 1950er Jahren mit einer modernen Architektursprache den Wiederaufbau zu dominieren. Klaus Krüger, blieb der bei Egon Eiermann in Karlsruhe gelernten rationalistischen Architektur zeitlebens treu und war einer der profiliertesten unter ihnen. Nach dem Studium ermöglichte ihm ein Rotary-Stipendium einen Amerika Aufenthalt, den er nutzte, um nicht nur bei Mies zu studieren sondern auch in seinem Büro zu arbeiten und seine Kenntnisse zu vertiefen. Die anschließend geplante Amerikarundreise mit seiner Frau musste er vorzeitig abbrechen, da sein erkrankter Vater, Prof. Rudolf Krüger, ihn nach Saarbrücken zurückrief. Die nächsten Jahrzehnte kennzeichnen große Projekte, von 1969 bis 1975 als Sozius von Rudolf Krüger, dann in Partnerschaft mit dem 2011 verstorbenen Scharoun-Schüler Karl-Ludwig Rieger. Die Herkünfte aus der rationalen Eiermannschule und der lebendig bewegten eines Scharoun ergänzten sich gegenseitig zu einem harmonischen Werk, das unter dem Namen Krüger + Rieger fingierte.
Krüger gewann den Wettbewerb für ein Krankenhaus auf dem Eschberg, das jedoch auf Wunsch des damaligen Baudezernenten Hans Krajewski als Stadtkrone auf dem Winterberg ausgeführt wurde. Der Krankenhausbau zählte für Jahre zum wichtigsten Aufgabenfeld des Büros. Krüger verantwortete u.a. die psychosomatische Fachklinik Münchwies, das Krankenhaus in St. Ingbert und als letztes, das Niederberg Klinikum in Velbert.

Den Eingang zur Bahnhofstraße betont seit 1970 ein Ensemble aus Diskontohochhaus und Karstadt. Das mit einer BDA Plakette ausgezeichnete Warenhaus Karstadt baute Krüger nach einem Wettbewerbsgewinn, der BDA zeichnete es mit seiner Plakette aus. „Der Bau zeugt von einer gerade bei großen Warenhäusern nur selten anzutreffenden Verantwortung gegenüber dem Stadtganzen. Seine Architektur ist in jeder Hinsicht nobel,“ verkündet die Plakette. Alle Baudetails wurden in das Karstadt-Raumbuch aufgenommen und dienten als Muster bei weiteren Warenhausbauten. Vor allem die Aluminiumfassade mit den großen, sich zur Stadt hin öffnenden Fenstern sowie die Verwendung ganz unterschiedlicher Materialien sind charakteristisch für eine Reihe von Häusern. Sie kennzeichnen die ersten Folgebauten Kaiserslautern und Memmingen ebenso wie noch den letzten ausgeführten Bau in Augsburg. Karstadt und Krüger, das war eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ein ebenso treuer Bauherr ist bis heute die Fraunhofer Gesellschaft.

Carsten Diez
Carsten Diez
Warenhaus Karstadt Saarbrücken, Baujahr 1970 – 1971, Architekten Krüger & Rieger (Saarbrücken), BDA-Preis 1973

Viele der von Krüger realisierten Projekte beruhen auf einem gewonnenen Wettbewerb, so auch der Bau des Finanzamtes in Völklingen. Aber es begann schon kurz nach dem Krieg mit dem Wettbewerb für den Wiederaufbau der Ludwigskirche, den Rudolf Krüger für sich entscheiden konnte. Sein Vorschlag gründete auf dem Beschluss des evangelischen Kirchentages, beim Wiederaufbau sämtliche Vorkriegsspuren zu negieren. Eine flache Decke über dem Innenraum war bereits eingezogen als das Presbyterium sich umorientierte und die barocke Rekonstruktion der Ludwigskirche forderte. Jahrzehntelang hat Klaus Krüger sich mit dieser Aufgabe beschäftigt. Seiner Sorgfalt und Detailgenauigkeit verdankt das Saarland das Wiedererstehen von Stengels Meisterwerk. Heute kümmert sich um die Kirche sein Sohn Stefan, der das Büro jetzt in dritter Generation gemeinsam mit seiner Frau Karin unter „Krüger Architekten“ leitet. Sein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein prädestinierte Klaus Krüger geradezu zum Kirchensanierer und ihrem Neubau. Dazu gehören die ersten Sanierungsmaßnahmen an der Abteikirche Tholey sowie der Saarbrücker Schlosskirche schon in den 1950er Jahren. Die Heilig-Geist Kirche in Dudweiler wie die Christuskirche auf dem Saarbrücker Rotenbühl wurden mit seinem Büro errichtet, in den 1970ern kamen die evangelischen Gemeindezentren Folsterhöhe und Neunkirchen Wellesweiler hinzu. Das Büro rekonstruierte den Alten Turm in Mettlach. Bei all diesen Baumaßnahmen blieb Klaus Krüger im Hintergrund, er forderte die Urheberschaft nicht ein, weil es in seinen Augen immer ein gemeinsames Werk war. Und die gute Zusammenarbeit mit dem Bauherrn war ihm wichtiger als persönliche Zur Schaustellung. Das hieß für ihn „eine Aufgabe ernst nehmen, Termine und Kosten einhalten“. „Schließlich arbeiten Architekten mit fremden Geld“, sagte er einst in einem Interview. Diese Einstellung machte es ihm leicht, für auswärtige Kollegen die Bauleitung zu übernehmen. Das Saarbrücker Schloss verbinden die Bürger mit dem Namen Gottfried Böhm, doch die Realisierung verdanken sie dem Team um Klaus Krüger. Das gilt auch für Helmut Strifflers ungewöhnliche Landeszentralbank in Saarlouis. Und die Deutsche Bank in Luxemburg hatte Böhm zwar entworfen, doch Ausführungsplanung und Bauleitung lag in den Händen von Krüger + Rieger.

In schwierigen politischen Zeiten, 1988 bis 1994, übernahm Klaus Krüger das Amt des Kammerpräsidenten. Die öffentliche Hand zog sich immer mehr aus der Bauherrenfunktion zurück, die Bundesarchitektenkammer vergrößerte sich um die ostdeutschen Kollegen und der gemeinsame Markt für Dienstleistungen wurde geöffnet. Unermüdlich warb Krüger für Wettbewerbe, auch wenn sie jetzt europaweit ausgeschrieben werden mussten und die Chancen für die saarländischen Büros kleiner wurden. Er setzte sich für „Altengerechtes Bauen“ ein. Und er baute der Kammer ein eigenes Haus, um hier Fortbildungsveranstaltungen zu organisieren, denn die Architekten sollten sich zukünftig zertifizieren „Damit war kein Qualitätssiegel im Hinblick auf Entwurf und architektonische Qualität gegeben, sondern immer nur eine Zertifizierung von Verfahrensabläufen und Büroorganisation, auch Kostenkontrolle und Terminplanung“ wie es für Klaus Krüger immer schon selbstverständlich war. Architektonische Qualität beweisen seine Bauten, deren Pläne alle noch am Reißbrett gezeichnet und nicht an den jetzt geforderten CAD-Arbeitsplätzen entstanden waren. Krüger sah darin aber „eine prima Sache“, denn sie erleichtern die Ausführungsplanung. „Die erste allerdings, die ich nicht selber kann“, gab er zu.
Für seine ehrenamtliche Tätigkeit erhielt Klaus Krüger die „Goldene Kammernadel“ der saarländischen Architektenkammer und sein von Berufsethos und persönlicher Moral gezeichnetes Architektenleben fand mit dem Bundesverdienstkreuz die verdiente Anerkennung.

Marlen Dittmann