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NACHRUF Leopold Horinek *1954 †2022

21. Februar 2024

In der Ruhe lag die Kraft

In der Westpfalz geboren und aufgewachsen absolvierte Leopold Horinek sein Architekturstudium am Fachbereich ARUBI der Universität Kaiserslautern. Bereits während der Studienzeit ermöglichte ihm sein damaliger Professor Horst Ermel die eigene Kreativität durch erste Teilnahmen an Wettbewerben unter Beweis zu stellen. Aus der Sicht heute so eingeschränkter Möglichkeiten junger Architektinnen und Architekten unvorstellbar ging aus dieser Zusammenarbeit noch vor seinem Studienabschluss das 1981 gegründete, gemeinsame Büro ASPLAN Ermel Horinek Weber Architekten BDA hervor. Zahlreiche im Team errungene Erfolge insbesondere im Hochschul- und Forschungsbau führten schließlich zum Büroschwerpunkt mit dem das Büro an vielen Hochschulstandorten in Rheinland-Pfalz und im gesamten Bundesgebiet Spuren hinterlassen hat.

Den komplexen Anforderungen insbesondere des hochtechnisierten Instituts- und Laborbaus begegnete Leopold Horinek, von allen nur „Poldi“ genannt, mit großer Akribie durch einen seriösen Entwurfs-, Planungs- und Ausführungsprozess und sicherte hohe bauliche Qualitätsmaßstäbe innerhalb der Büropartnerschaft. Dabei erkannte er schon früh, wie der Einsatz von dreidimensionalen Gebäudemodellen bei technisch komplexen Laborbauten Planungsqualität gewährleisten und Kosten- sowie Terminrisiken minimieren kann. Als digitaler Avantgardist war ihm die Entwicklung und Anpassung von Software auf die unmittelbare Anwendung im Planungs- und Bauprozess ein fortwährendes Anliegen. Poldi bereitete das Büro hiermit rechtzeitig mit seinem analytischen Verständnis von Algorithmen auf die Zukunft vor und verlor dabei die Baukultur niemals aus den Augen. Er konnte kreative Prozesse mit rational fundierten Analysen verbinden. Das vollumfängliche Interesse für die Sache an sich reduzierte er nicht auf die Belange der Architektur, sondern es zeigte sich auch in Bezug auf die Aufgabengebiete der beteiligten Fachingenieure. „Wenn Du das nur den Fachingenieuren überlässt, geht das in die Hose“. So übernahm er die vermittelnde Rolle, die für die Qualität des Bauens unerlässlich ist.

Stets uneitel und unaufgeregt waren ihm seine Person und die mit ihm verbundenen Beiträge zur Baukultur nie wichtig und dennoch verdienen es die bedeutendsten Bauwerke Erwähnung zu finden. Mit dem Wettbewerbsgewinn 1994 zum Max-Planck-Campus Golm der Universität Potsdam erweitert sich das Büro um den Standort in den neuen Bundesländern. Es entstanden in Potsdam insgesamt drei verschieden Max-Planck-Institute mit zugehörigen zentralen Einrichtungen. Die Wertschätzung seitens der Auftraggeber gegenüber den realisierten Bauwerken sichern durch Folgeaufträge in der Regel über VOF-Verfahren den Standort bis heute. Im Umfeld der TU Kaiserslautern entstand auf der Grundlage eines 2002 gewonnen VOF-Verfahrens in insgesamt vier Bauabschnitten das Fraunhofer-Zentrum. Auch hier besticht neben Kompaktheit und Wirtschaftlichkeit vor allem die räumliche Ausformung zur Unterstützung der kommunikativen Anforderungen an zeitgemäße Forschungseinrichtungen.

Ein weiteres Highlight stellt sicher das 2012 fertiggestellte Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Zentrum für Virtuelles Engineering in Stuttgart als Ergebnis der Zusammenarbeit mit UNStudio und Ben van Berkel, Amsterdam dar. Das mehrfach ausgezeichnete Gebäude setzt die Idee und Aufgabe einer kommunikationsbetonten, offenen Arbeitswelt in seinem Inneren und Äußeren in eine komplexe fließende Geometrie um.

Bereits zum 01.01.1990, im Alter von 35 Jahren, wurde Poldi in den BDA Landesverband Rheinland-Pfalz berufen  und ließ die Übernahme von Verantwortung auch in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit nicht lange auf sich warten. Als erster Vertreter des Landesverbandes im 1993 gegründeten Arbeitskreis AKJAA knüpfte er Verbindungen auf Bundesebene. Diese Kontakte ermöglichten ihm später den Abgleich des von ihm verantworteten Ressorts auch mit anderen Landesverbänden.

Leopold Horinek verdanken die Landesverbände Rheinland-Pfalz und Saarland im Jahr 1993 die Einrichtung einer Zentralen Beitragseinzugsstelle Südwest und ein damit verbundenes geordnetes Beitragswesens. Mit einem für diesen Zweck geschriebenen digitalen Buchungssystem zeigte sich auch hier Poldis große Affinität und Offenheit für die damals noch in Aussicht stehenden Veränderungen durch die Digitalisierung. In der Folge wurde er im November 1994 im Rahmen der Mitgliederversammlung in Kaiserslautern erstmals zum Beisitzer in den Landesvorstand gewählt.

Über acht Vorstandsperioden hat Poldi insgesamt 25 Jahre als Beisitzer im Landesvorstand die Geschicke des Landesverbandes maßgeblich mitgeprägt. Vor allem in seiner Funktion als „Schatzmeister“ hat er Maßstäbe für Verlässlichkeit gesetzt, für die wir ihm zu großem Dank verpflichtet sind. Mit Bedacht und Verantwortungsbewusstsein, aber stets offen für engagierte Projektideen des Vorstands war für ihn die berufspolitische und baukulturelle Arbeit im BDA eine Herzensangelegenheit. Viele werden sich erinnern, wie er im jährlichen Turnus die Mitgliederversammlung immer fundiert durch das Zahlenwerk von Einnahmen und Ausgaben, durch die Finanzen auch in schwierigeren Zeiten verlässlich geführt hat. Erwähnt sei hier die Abwendung der drohenden Insolvenz des Bundes BDA aufgrund des finanziellen Debakels um den UIA-Weltkongress 2002 in Berlin. Weil der Landesverband so vorbildlich gewirtschaftet hatte, war es möglich gemeinsam mit der Mehrheit der Landesverbände den Fortbestand des Bundesverbandes durch großzügige Kredite zu sichern. Nach Innen war seine Haltung eines soliden Wirtschaftens stets vom Anliegen geprägt, die Mitgliedsbeiträge so niedrig wie möglich und so hoch wie unbedingt nötig zu halten.

Im Rahmen der Vorbereitung des 60jährigen Jubiläums des Landesverbandes 2014 zeigte Poldi sich mit tatkräftiger Unterstützung der Recherchearbeiten seiner Stieftochter Julia Kratz für die Anlage einer digitalen Datenbank zu den gesammelten Informationen über die Historie des Landesverbandes verantwortlich.

Nachdem er den Staffelstab des „Schatzmeisters“ im Rahmen der Mitgliederversammlung 2019 weitergegeben hatte, konnten wir ihn dennoch gewinnen den Beitragseinzug für den Landesverband weiterhin zu übernehmen. Auch da stellte er sich bis zu seinem viel zu frühen Tod in den Dienst der Sache.

Neben seinem Beruf liebte er das Reisen, vor allem die Kanareninsel Lanzarote hatte es ihm angetan: Ein authentisches Häuschen, weit abgelegen vom Massentourismus, aber bitte mit schnellem und stabilem Internet, denn Privates und Berufliches waren für ihn eins.

Den in diesen Perioden aktiven Vorstandsmitgliedern bleibt die große Gastfreundschaft, die wir im Rahmen zahlreicher Vorstandssitzungen bei Poldi und seiner Frau Gertrud Schott in Neustadt a. W. erleben durften in unvergesslicher Erinnerung. Er war ein unerschütterlicher Ruhepol innerhalb des Vorstandes. Mit seiner Gelassenheit vermochte er es jede angespannte Diskussion auf die gebotene sachliche Ebene zurückzuführen, schien über das Komplexe erhaben, bewahrte stets den Überblick und gab den Dingen Struktur. Sein vielfältiges Wirken im BDA wird unserer „Wahlgemeinschaft“ in dankbarer Erinnerung bleiben.

Marcus Rommel | Tobias Schneberger | Thomas Thrun